Konsequent erzählt Karin Henkel den Trojanischen Krieg aus Sicht der unter ihm leidenden Frauen – ohne die mythologische Kraft der Vorlage zu verraten. In intimer Nähe flüstern uns die großartigen Darstellerinnen von Kassandra, Helena und Andromache wehrhaft und entschlossen ihre Schicksale ins kopfhörerbewehrte Ohr, um sie zugleich scheinbar willig umzudeuten, zynisch zu analysieren oder einfach nur in kühlem Pathos zu beklagen. Listig hinterfragt eine grandiose Kate Strong zugleich, wer hier eigentlich stets die Geschichte schreibt und wie Frauen vermeintlich an den Katastrophen kollaborieren. Selten wurde so konsequent vorgeführt, wie vor allem machtgierige Männer im Fake-News-Modus über die Alternativlosigkeit der Aggressionen dozieren und politische Moral zum Morden missbrauchen. Karin Henkel gelingt an diesem Abend eine kluge Umschreibung der Geschichte, eine im besten Sinne feministische Umverteilung der Deutungshoheit.
Karin Henkel’s account of the Trojan War is told from the point of the women who have to suffer from it – without ever betraying the classical material’s mythological force. In intimate proximity, the wonderful performers portraying the watchful and determined characters of Cassandra, Helena and Andromache whisper their fates into our headphone-clad ears, all eager reinterpretation, cynical analysis and simple lament, laced with cool pathos. At the same time, a crafty Kate Strong questions: Who is actually in charge of writing history and how exactly is it that women allegedly collaborate in these catastrophes. There has rarely been such an unflinching demonstration of how mainly power-hungry men lecture us in fake-news-mode, tell us that there is no alternative to aggression and commit murder behind the smokescreen of political morality. Karin Henkel’s production is an intelligent rewriting of history, a feminist (in the best sense of the word) redistribution of the interpretational prerogative.